Lodernde Flammen
Im Herzen jedes Kommunisten herrscht ein Zwiespalt. Er sorgt für
Verbitterung und zerreißt es in tausend Stücke.
Wir Kommunisten haben das tiefste Vertrauen in die Fähigkeiten der
Menschen, insbesondere in die der Arbeiterklasse. Unsere Seele ist von der
festen Überzeugung erfüllt, dass eine neue Form der Gesellschaft möglich
ist.
Zugleich empfinden wir einen abgrundtiefen Hass gegen alle bisherigen
Formen der Klassengesellschaft. In unserem tiefsten Inneren sind wir
enttäuscht, nicht von denen, die sich gewaltsam von den Massen auf ihren
Thron erheben und ihren Platz blutrünstig verteidigen. Es ist eine
Enttäuschung gegenüber denen, die sich nicht zu wehren versuchen.
Seit Jahrtausenden hat die Klassengesellschaft die Menschheit in
verbitterte Kriege mit unzähligen Opfern geführt. Aus ihr gingen das
Patriarchat und die Nationen hervor – Konstrukte, von denen wir uns bis
heute nicht befreien konnten. Sie zeigte keine Gnade gegenüber denen, die
sie zerstören wollten.
Die Genossin Rosa Luxemburg beschrieb es wie keine andere:
„Als der antike Sklave, von seinem Herren ans Kreuz geschlagen, in
unsäglicher Qual sich krümmte, als der Leibeigene unter der Rute des
Fronaufsehers oder unter der Last der Arbeit und des Elends
zusammenbrach, da lag wenigstens das Verbrechen des Menschen am
Menschen, der Gesellschaft am Einzelnen offen, entblößt, schrecklich in
seiner Nacktheit, himmelschreiend in seiner Brutalität. Der gekreuzigte
Sklave, der gemarterte Leibeigene starb mit dem Fluch auf den Lippen,
und sein verlöschender Blick traf hasserfüllt und Rache verkündend seine
Peiniger.
Erst die bürgerliche Gesellschaft breitete über ihre Verbrechen den
Schleier der Unsichtbarkeit. Erst sie sprengte alle Bande zwischen den
Menschen und überließ den Einzelnen seinem Schicksal, seinem Elend und
seinem Verbrechen, um sich seiner erst nach seiner Entmenschung –
geistigen oder leiblichen, durch Mord oder Selbstmord – zu erinnern.
Erst die bürgerliche Gesellschaft hat ihrem Massenmord den Schrecken
genommen, weil sie ihn alltäglich gemacht, bei den Opfern wie bei den
Peinigern die Sinne abgestumpft hat, das Drama des menschlichen Daseins
durch menschliche Trivialität, den Schrei eines Untergehenden durch die
Arie der Drehorgel, die Leiche eines Gefallenen durch den Staub der
Großstadt verdeckend.“
Diese irrsinnige Gewalt führte zu unserem Zustand, den wir heute erleben.
Die Menschen haben aufgegeben, der Traum von einer besseren Welt ist
verloren gegangen.
Es ist nicht unsere Aufgabe als Kommunisten, die Revolution für die
Menschen zu machen, sondern ihnen das Funkeln in den Augen zurückzugeben –
ihre verlorene Hoffnung, die ihre Augen so leer und müde aussehen lässt.
Wir müssen ihnen helfen, sie wiederzugewinnen. Denn aus den Fesseln
befreien kann sich nur jeder für sich selbst, und alle gemeinsam.
Die Ära der Befreiung steht bevor: Frauen, Völker und Arbeiterklasse. Sie
werden sich befreien und damit gleichzeitig das Konzept von Geschlecht,
Rasse und Klasse ein für alle Mal völlig und unwiderruflich abschaffen.
Aus den Flammen der Revolution wird der Phönix des Kommunismus seine
Flügel ausbreiten, und die Menschheit wird ihr wahres Potenzial entfalten
können, ohne die Einschränkungen, die Unterdrückung und Ausbeutung uns
auferlegt haben.